Wer gut singt, betet doppelt. (Augustinus zugeschrieben; vermutlich kopiert von Augustus: Wer schnell gibt, gibt doppelt.)
Wer Lob singt, der singt nicht nur, sondern er liebt auch den, dem er singt. (Augustinus in: Enarratio in Psalmum 72)
Es ist eine alte und bekannte Sache, dass die Lieder die beste Methode sind, Gotteswahrheiten ins Herz zu bringen und darinnen zu konservieren. (Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf)
Das neue Gotteslob – Gedanken und Fakten
oder: Wie es zu diesen Seiten kam
Schon einige Jahre vor der Einführung des neuen Gotteslobs sprach ich darüber mit einem Kollegen, der in einer der Planungsgruppen mitarbeitete. Er hieß - wie ich selbst - mit Vornamen Michael und berichtete nicht ohne hörbare Enttäuschung, unser beider Namenspatronslied »Unüberwindlich starker Held« solle gestrichen werden. Begründung: Die meisten Leute verstünden das Lied nicht.
Dieses Argument erschien uns absolut nicht stichhaltig. Verstehen diese Leute vielleicht den Text von »Wachet auf«, besonders den der zweiten und dritten Strophe? Und wie sieht es mit dem neuen Lied 274 »Und suchst Du meine Sünde« aus? (Selbst viele Theologen verstehen nicht den Begriff »Frohe Botschaft«. Und zur Erstkommunion werden Kinder zugelassen, die nicht einmal wissen, was an Ostern und Weihnachten gefeiert wird. Aber das nur am Rande, ich schweife ab.)
Natürlich packte mich die Neugier, möglichst bald zu erfahren, wie das Werk am Ende aussehen würde. Tatsächlich fand ich auf einer Seite im Internet eine auf den ersten Blick passende Excel-Datei. Sie enthielt eine »Konkordanz«, also eine tabellarische Auflistung, welche Lieder nun unter welcher neuen Nummer zu finden seien, sowie eine weitere, welche neuen Lieder aufgenommen würden. Mit vogesehener Liednummer versteht sich.
Merkwürdigerweise fand ich keine Liste, welche Lieder gestrichen würden, und auch keine, welche Lieder verändert würden. Ich erlaubte mir also an den Verantwortlichen - einen hochrangigen Kirchenmusiker - eine Email zu schicken, in der ich anregte, solche Listen hinzuzufügen. Die Antwort, die ich bekam, enthielt zwei interessante Punkte:
- Die fehlenden Lieder könne jeder selber herausfinden, das vorhandene Material reiche dazu aus.
- Mit dem neuen Gotteslob habe man »die Quadratur des Kreises versucht«, und es sei dabei »insgesamt ein sehr gutes Buch« herausgekommen.
Nun war ich erst recht neugierig. Schon der erste Punkt machte mich stutzig: Wenn es ums selbständige Suchen geht, wäre die Liste mit den neuen Liednummern erst recht unnötig gewesen, man hat ja wie in jedem anständigen Buch ein Inhaltsverzeichnis. Da macht das Suchen nach weggefallenen Liedern eindeutig mehr Mühe. Wollte man womöglich irgendetwas verschleiern?
Der zweite Punkt alarmierte mich noch mehr: Ich weiß sehr genau, daß die Quadratur des Kreises nach geometrischen Konstruktionsregeln gar nicht möglich ist, und daß diese Unmöglichkeit auch jedem anderen gebildeten Menschen von vornherein wohl bekannt sein muß. Und spontan fielen mir die zahllosen Scharlatane aus vergangenen Jahrhunderten ein, die sich alle möglichen Vorteile erschlichen, indem sie behaupteten, sich mit realer Aussicht auf Erfolg ebenso unmögliche Ziele gesteckt zu haben: Sie könnten demnächst, wenn man ihnen nur das Geld dafür gäbe, Gold aus Blei herstellen, einen unsterblich machenden Trank namens »Acqua benedetta« brauen oder Seelen aus dem Fegefeuer in den Himmel katapultieren.
Also ging ich auf die Suche und fand Bemerkenswertes. Der ursprüngliche Text von »Ein Haus voll Glorie schauet« war bereits in der ersten Gotteslob-Fassung aus den 1970er Jahren durch einen weniger streitbaren ersetzt worden. Nun fehlten auch »Zieh an die Macht, du Arm des Herrn« und - wie schon bekannt - »Unüberwindlich starker Held, Sankt Michael«. Erst später fiel mir auf, daß auch eine Strophe aus »Mir nach, spricht Christus, unser Held« in der Versenkung verschwunden war; im alten Gotteslob hatte sie gelautet:
Fällt's euch zu schwer? Ich geh voran, / ich steh euch an der Seite.
Ich kämpfe selbst, ich brech die Bahn, / bin alles in dem Streite.
Ein böser Knecht, der still kann stehn, / sieht er voran den Feldherrn gehn.
Bemerkenswert! Gleich vier Mal wurden Texte ausgemerzt, welche sich auf die Verpflichtung der Kirche zum Kampf gegen die Feinde Christi beziehen. Der Begriff der »ecclesia militans«, der streitenden Kirche, wird zwar wie viele andere seit dem 2. Vaticanum nicht mehr verwendet. Das heißt aber doch nicht, daß der Kampf vorbei ist! Oder haben wir schon kapituliert?
Aber Vorsicht: Niemandem soll irgendetwas unterstellt werden! Das Ziel dieser Seiten ist es, nach Fakten zu forschen und sie zusammenzutragen. Dafür werde ich mir von Zeit zu Zeit ein Stündchen Zeit nehmen. Vielleicht kann ich auf diese Weise auch anderen weiterhelfen. Sollte mich freuen.