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Tiltelbild für den Bereich Liedgut im neuen Gotteslob

Das neue Gotteslob – Beobachtungen und Auffälligeiten
bei unverändert übernommenen Liedern

Die diskussionswürdigen Veränderungen des Liedgutes, das in den katholischen Gesangbüchern angeboten wird, haben nicht erst mit der Einführung des neuen Gotteslobs im Jahre 2013 begonnen. Es gab auch schon im alten Gotteslob (also vor knapp 40 Jahren) allerlei Lieder, über deren Berechtigung man sich Gedanken machen könnte.

Hier sind drei Aspekte zu beachten. Erstens: Sind alle »alten« Texte wirklich unbedenklich? Spontan fällt mir da die zweite Strophe von »Sonne der Gerchtigkeit« (Lied Nr. 481) ein: »Weck die tote Christenheit / aus dem Schlaf der Sicherheit«. Also die Christenheit ist eigentlich tot? Nur ich nicht, denn sonst könnte ich ja nicht singen (und dabei gleich die Gelegenheit wahrnehmen, mich über die »toten« Mitchristen zu erheben)? Das erinnert mich stark an die Selbstgerechtigkeit des Pharisäers im Gleichnis von ihm und dem Zöllner (Lukas, Kapitel 18, Verse 9 bis 14). Ich pflege diese Strophe konsequenterweise nicht mitzusingen.

Zweitens: Ist die Musik für den Gottesdienst geeignet? Die zentrale Aufgabe aller Gottesdienste ist ja die Seel-Sorge (im wörtlichen Sinne). Und nicht jede Musik lenkt die Seele auf Gott. Erhebliche Zweifel habe ich da bei »Singt dem Herrn ein neues Lied« (Lied Nr. 409). So apart der Rhythmus auf den wirkt, der damit klarkommt: Für die meisten Gottesdienstbesucher stellt er eine hoffnungslose Überforderung dar. Einzige Abhilfe: Mit einer brutalen Orgel-Lautstärke jegliches Abdriften der Gemeinde in ein natur-entsprechendes durchgängiges Metrum (und damit in eine Musik mit wenigstens etwas seditativerem Charakter) im Keim zu ersticken. Ob das zu dem Seelenzustand führen kann, der vor der Präfation so treffend mit »Erhebet die Herzen!« umschrieben wird, ist wohl mehr als zweifelhaft.

Drittens: Im Zusammenhang damit sind einige Begleitungen aus den Orgelbüchern zu hinterfragen. Da ich selber diese Werke nie benutzt habe, muß ich mich auf gelegentliche Hörerlebnisse verlassen. So staunte ich vor einigen Jahren nicht schlecht, als das Lied »O komm, o komm, Immanuel« mit einer wunderschönen phrygischen Melodie gesungen werden sollte. (Sie wurde laut dem Diözesanteil für Freiburg und Rottenburg-Stuttgart aus einer Düsseldorfer Liedersammlung übernommen, die aus dem Jahr 1836 datiert; ursprünglich ist sie vermutlich von Caspar Uhlenberg, der 1549 – 1617 lebte.) Irgendein Mitmensch hatte ihr doch tatsächlich eine lupenreine Dur-Begleitung verpaßt, die der Organist auch brav und ohne Unrechtsbewußsein abspielte. Denn andere Mitmenschen hatten sich nicht entblödet, dieselbe Begleitung auch noch ins Orgelbuch zum Gotteslob zu übernehmen.

(Einmal erlebte ich sogar einen Chorleiter, der diesen Satz mehr oder weniger unverändert von seinen Sängern vortragen ließ. Weil ihm aber der Schlußakkord – der sich ja jetzt in der Terzlage wiederfand – nicht geheuer war, wies er die Sopransängerinnen kurzerhand an, ihren Schlußton eine Terz tiefer zu singen. Damit war der eigentliche Grundton des Liedes ausgerechnet aus dem Schlußakkord endgültig verschwunden – gut, daß der arme Uhlenberg das nicht mehr miterleben mußte. Der Chorleiter versuchte meine Bedenken bezüglich seiner Gewalt gegen Kirchentonarten mit der Bemerkung »Wir sind ja nicht mehr im Mittelalter« vom Tisch zu wischen. Daß zum Beispiel viele bekannte Filmmelodien, etwa in »Zwei glorreiche Halunken«, auch heute noch kirchentonal sind, schien er nie wahrgenommen zu haben, obwohl er sie nachweislich kannte. Und auch Caspar Uhlenberg selber lebte ja lange nach Ende des Mittelalters.)

In Wahrheit ist der überragende Wert unverfälschter kirchentonaler Musik für die Seel-Sorge kaum zu überschätzen. Das Anhören von Gregorianischem Choral nach Art des »Liber usualis« wird bereits mit Erfolg in Kliniken zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Und fähige Psychologen haben längst nachgewiesen, daß der seel-sorgerische Wert der Musik von Stück zu Stück, von Lied zu Lied höchst unterschiedlich ausfällt. Generell hilft daher alles nichts: Auch Lieder, die längst zu festem Bestandteil der liturgischen Praxis in vielen Gemeinden geworden sind, müssen auf ihre Eignung hin kritisch überprüft werden. Dabei wird man vieles in angemessen veränderter Form durchaus beibehalten können. (Hat man ja schließlich beim Durchgendern des Gotteslobs auch gekonnt.)

Was aber nicht geht: Fundierte Bedenken mit der Begründung vom Tisch zu wischen, man müsse eben mit der Zeit gehen. Die Seele, für die mit der Liturgie schließlich gesorgt werden soll, verändert sich ja auch nicht in ihren Grundlagen und Naturgesetzmäßigkeiten. Und ganz nebenbei: Dürfte man mit der eben genannten Begründung – »Wir sind ja nicht mehr im Mittelalter« – ein Bild von Jan van Eyck mit Graffiti übersprühen? Eben. Und Musik verdient dieselbe respektvolle Behandlung.

Die Verfasser des neuen Gotteslobs haben sich hier angemessen aus der Affäre gezogen. Es sind zwar die einen oder anderen gregorianischen Gesänge verschwunden. Dafür sind andere neu aufgenommen worden, und per saldo sind es sogar einige mehr als vorher. Dem Beschluß des zweiten Vatikanums, daß Gregorianik die adäquateste Musik für die Liturgie sei, ist damit zweifellos erst mal Genüge getan. Und nicht zu vergessen: In der liturgischen Praxis werden Akklamationen (und auch Responsorien) nicht selten ebenfalls gregorianisch gesungen.

Insgesamt kann man sagen, daß die weitaus überwiegende Zahl der übernommenen Lieder in der Tat nicht hätte verloren gehen sollen. Was den einen oder anderen verbleibenden Kritikpunkt angeht – Allen Leuten recht getan ist eine Kunst, die niemand kann.

Tralala

Tralala

Das Bild zeigt den G-Schlüssel, der zum Beispiel als Violinschlüssel verwendet wird. Das Bild zeigt den nach unten transponierenden G-Schlüssel, der zum Beispiel für Tenorstimmen oder die Gitarre verwendet wird. Das Bild zeigt den nach oben transponierenden G-Schlüssel, der für besonders hohe Töne verwendet wird. Das Bild zeigt den F-Schlüssel, der zum Beispiel als Baßschlüssel verwendet wird. Das Bild zeigt den nach unten transponierenden F-Schlüssel, der zum Beispiel für Kontrabässe verwendet wird. Das Bild zeigt den C-Schlüssel, der in verschiedenen Positionen zum Beispiel für die Bratsche, für hoch spielendes Cello oder generell für alte Musik verwendet wird. Das Bild zeigt eine ganze Note. Das Bild zeigt das Versetzungs- und Vorzeichen Kreuz. Das Bild zeigt das Versetzungs- und Vorzeichen Be. Das Bild zeigt eine rein weiße Fläche, die als Grundlage für veränderbare Bilder dient. Das Bild zeigt eine rein weiße Fläche mit drei Linien, die als Hilfslinien in veränderbare Notenbilder eingetragen werden können. Das Bild zeigt eine rein weiße Fläche mit zwei Linien, die als Hilfslinien in veränderbare Notenbilder eingetragen werden können. Das Bild zeigt eine rein weiße Fläche mit einer Linie, die als Hilfslinie in veränderbare Notenbilder eingetragen werden kann. Das Bild zeigt einen Kreis mit Markierungen, der als Grundlage für die Erstellung einer Quintenzirkel-Graphik verwendet werden kann. Das Bild zeigt eine geschweifte Klammer.